Maßnahmentyp | Reduzierung Kfz-Durchgangsverkehr |
Name des Projektes | Verkehrsberuhigter Geschäftsbereich Beckergrube |
Bundesland | Schleswig-Holstein |
Einwohner*innen | 216,277 |
Besiedelung | Überwiegend städtisch |
Lage | Sehr zentral |
Kommune | Lübeck |
Zuständige Abteilung | Dr. Julia Lindfeld, beckergrube@luebeck.de |
Lokale Herausforderungen |
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Die Neugestaltung der Beckergrube wurde bei der Beschließung des Rahmenplans Innenstadt mit Mobilitätskonzept im Jahr 2019 als Schlüsselprojekt der ersten Umsetzungsstufe benannt. Die Verwaltung ist beauftragt, unter Durchführung eines Verkehrsversuchs und anschließenden freiraumplanerischen Wettbewerbs, eine Neugestaltung vorzunehmen. Übergeordnete Aufgaben sind eine Verkehrsberuhigung in Verbindung mit einer Stärkung des klimafreundlichen Verkehrs, attraktive Aufenthaltsqualitäten sowie eine baukulturelle und funktionale „Wiedereingliederung“ in die Lübecker Altstadt. Unter dem Motto „Lübeck geht los!“ startete in 2020 ein Verkehrsversuch, um die Umsetzbarkeit der verkehrlichen Zielsetzung zu prüfen. Autoverkehr ohne Ziel auf der Altstadtinsel wird umgelenkt. Der Straßenraum wurde provisorisch zurückgebaut und die freigewordenen Flächen mit temporären Maßnahmen, wie Fahrradmodulen, mobilen Baumstandorten und Sitzbänken bespielt.
Der Verkehrsversuch wurde als Planungsinstrument herangezogen, um testweise aufzuzeigen, welche Veränderungen möglich sind und wie bereits mit geringen Mitteln Qualitäten geschaffen und Problemstellungen behoben werden können. Es konnte eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens von mehr als 50 Prozent erreicht werden. Etwa 3.000 Kfz pro Tag sind weiterhin zufahrtsberechtigt, darunter der ÖPNV, Anlieferverkehr und Anlieger*innen. Der provisorische Umbau umfasste eine Verringerung der Fahrbahnbreite von zehn auf sechs Meter, die Verlegung und den barrierefreien Ausbau der zwei Bushaltestellen sowie die Anordnung von Seitenstreifen, die als Multifunktionsflächen dem Lieferverkehr, dem Parken für Menschen mit Behinderung, Taxen sowie als Abstellfläche für Fahrräder dienen. Insgesamt wurden in diesem Zuge 19 Kurzzeitparkplätze umfunktioniert und so eine Neuaufteilung der Flächen erreicht. Zusätzlich wurden Abstellanlagen für über 100 Fahrräder installiert sowie zehn urbane Sitzmöbel und neun Bäume in großen Pflanzkisten aufgestellt. Der provisorische Umbau ist auf drei Jahre angelegt.
Bereits nach kurzer Zeit konnten Aneignungsprozesse in der Beckergrube beobachtet werden: Gastronomische Betriebe erweiterten ihre Außenbereiche, eine Initiative organisierte ein Urban Gardening-Projekt und auf einer Multifunktionsfläche finden Tanzabende und kleinere Veranstaltungen statt. Die Resonanz auf den Verkehrsversuch wurde als sehr positiv wahrgenommen. Ein gegründeter Beirat aus Anlieger*innen, Vertreter*innen der lokalen Wirtschaft, der Technischen Hochschule Lübeck und einer kritischen Fachwelt sind von Beginn konstruktive Begleiter*innen.
Der 2022 ausgelobte freiraumplanerische Wettbewerb knüpft an den Verkehrsversuch an und überträgt die bereits spürbaren positiven Entwicklungen auf die gesamte Beckergrube. Die bauliche Umsetzung des ersten, östlichen Bauabschnitts wird durch Fördermittel aus dem Bundesprogramm Nationale Projekte des Städtebaus finanziert. Auch der Straßenraum der westlichen Beckergrube soll auf ein Mindestmaß zurückgebaut werden. Es erfolgt eine Neuordnung des ruhenden Verkehrs in der gesamten Beckergrube durch Verlagerungen von Parkplatzangeboten und die Ausweisung von Ladezonen.
Der Stadtraum wird neu aufgeteilt und mit einer hochwertigen Oberflächengestaltung, vielen Baumpflanzungen und einer ästhetischen Möblierung ausgebildet. Die „zurückgewonnenen“ Flächen erhalten durch neues Stadtgrün, platzartige Aufweitungen, konsumfreie Sitzgelegenheiten sowie Aneignungsflächen für urbane Initiativen und kulturelle Angebote, heute nicht vorhandene Qualitäten. Gleichzeitig sollen die vielfältigen Nutzungen in der Beckergrube durch eine bewusste Ausbildung der Schnittstelle von bebautem und unbebautem Raum, mit Flächen für Außengastronomie und Warenauslagen und einem „Ort“ für das Stadttheater gestärkt werden.
Im Ergebnis zeigt sich, dass mit der neuen Verkehrsführung und den begleitenden Maßnahmen eine Reduzierung des Kfz-Verkehrs um die Hälfte erfolgte, wobei die Veränderung allein durch die Herausnahme des Verkehrs ohne Ziel in der Innenstadt (Durchgangsverkehr) erreicht wurde. Dem ÖPNV sowie dem Rad- und Fußverkehr konnte eine erfahrbar höhere Priorität eingeräumt werden. Es entstanden sichere und staufreie Wegebeziehungen ohne negative Auswirkungen auf angrenzende Straßenräume. Die Ausweisung eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs mit Zufahrtsbeschränkungen und einem Tempolimit von 20 km/h ist ein funktionierendes Instrument zur Umsetzung des Schlüsselprojekts Beckergrube.
7,800,000 Euro
Keine Angabe
Bereich Stadtplanung und Bauordnung, Bereich Stadtgrün und Verkehr, Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz – Klimaleitstelle, Bereich Archäologie und Denkmalpflege, Feuerwehr, Straßenverkehrsbehörde
Beirat Beckergrube aus Anlieger*innen, Verwaltung und Politik, Akteur*innen: Musiker*innen des Philharmonischen Orchesters, Fridays for Future und Extinction Rebellion Lübeck, Greenpeace Lübeck, Foodsharing Lübeck e.V., Lübecker Jugendring, Netzwerk Essbare Stadt Lübeck
Zwei rote Hinweis-, Info- und Ausstellungscontainer mit einer wechselnden Ausstellung (das Öffnen und Schließen haben Paten übernommen), Gläserner Planungsworkshop, Informationsrunden mit Gewerbetreibenden etc., verschiedene Aktionen in der Beckergrube während des Verkehrsversuchs, Teilnahme Europäische Aktionswoche, erfolgreiche Bewerbung um Deutschen Verkehrsplanungspreis 2022.
Das Motto des Projekts – Lübeck geht los! – konnte aufgrund der durch die Covid-19 Pandemie bedingten Einschränkungen zunächst nicht in vollem Umfang umgesetzt werden. Bau- und Sanierungsmaßnahmen im direkten Umfeld schränken die Zugänglichkeit und Aufenthaltsqualität ein.
Deutscher Verkehrsplanungspreis 2022
Quelle des Praxisbeispiels:
Hansestadt Lübeck
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